Flucht von der Erde
Die fortschreitende Umweltzerstörung und der Raubbau der knapper werdenden Ressourcen führten auf der Erde zu Flüchtlingsbewegungen und Konflikten, die schließlich in den verheerenden „Wasserkriegen“ mündeten. Es war offensichtlich, dass die Menschheit auf der Erde keine Überlebenschance hatte. Zwar hatte man mit dem Terraforming des Mars begonnen, doch es war klar, dass er nicht in der Lage war, die gesamte Menschheit aufzunehmen. Großkonzerne begannen im Erdorbit mit dem Bau von zwölf gewaltigen Archen, mit denen ausgewählte Eliten zum Mars evakuiert werden sollten. Als ihr Bau der Vollendung entgegen schritt, drohten umfassende Aufstände jener, die auf der Erde zurückgelassen werden sollten. Zu diesem Zeitpunkt entdeckte man den Cherkov-Überlichtantrieb, der vollkommen neue Perspektiven für die Raumfahrt eröffnete.
Die erste Kolonisationswelle
Astronomen hatten bereits mehrere Welten entdeckt, die sich in der sogenannten „habitablen Zone“ anderer Sonnensysteme befanden. Nun wurden Raumsonden entsandt, welche die Bewohnbarkeit überprüften, während man zugleich fieberhaft mit dem Bau interstellarer Kolonisationsschiffe begann. Der Flug zu geeigneten Welten würde trotz des Cherkov-Antriebs viele Monate und Jahre dauern, daher wurden Kryo-Kälteschlafkammern für die Kolonisten gebaut. Die Großkonzerne, welche den Bau zum größten Teil finanzierten und durchführten, statteten die Schiffe mit allem aus, was zum Aufbau einer lebensfähigen Siedlung benötigt würde.
In einem gewaltigen Kraftakt wurde innerhalb eines Zeitraums von nur zehn Jahren der Mars besiedelt, kleinere Kolonien, überwiegend für die Gewinnung von Ressourcen, wurden auf Monden und den Asteroiden errichtet. Der größte Teil der Menschheit suchte seine neue Heimat hingegen in den neuen Sternensystemen. Mehr als fünfzig große Kolonisationsschiffe flogen hinaus. Einige gingen verloren oder die Kolonisten kamen bei Abstürzen ums Leben. Andere fielen Flora, Fauna oder Krankheitserregen der neuen Welten zum Opfer, doch zwölf Welten wurden erfolgreich besiedelt.
Die Zeit der „Solaren Föderation“
Die von der solaren Menschheit zur Evakuierung zum Mars genutzten Archen wurden im Marsorbit stillgelegt. Drei von ihnen rüstete man um und setzte sie als Verhüttungsschiffe in den Asteroidengürteln ein. Während dieser Phase traten die solaren Konzerne in einen extremen Konkurrenzkampf um die Führungsposition. Die Suche nach außersolaren Rohstoffwelten war intensiviert und die „United Mining Industries“, der größte Bergbaukonzern, stieß dabei auf die Welt der Shanyaar und errichtete dort insgeheim eine Abbaukolonie (siehe Volk Shanyaar und Roman „Sky-Troopers 2 – Die Beutewelt“).
Raumfahrt und interstellare Kommunikation fanden dank der Erfindung von Cherkov in Überlichtgeschwindigkeit statt. Dennoch dauerte ein Flug zur entferntesten Siedlungswelt über zwölf Jahre und dies galt ebenso für die Zeit, die eine Cherkov-Kommunikation benötigte. Die neuen Welten waren somit auf sich alleine gestellt, denn eine rasche Hilfeleistung in Notsituationen war unmöglich. Dennoch entstand ein begrenzter Handel, vorwiegend mit den näheren Siedlungswelten. Das solare System lieferte technische Produkte und Luxusgüter, da die Industrie der Konzerne hier konzentriert war. Viele Kolonien konnten solche Güter noch nicht selber herstellen und verschuldeten sich, da die ihrerseits erfolgenden Lieferungen mit Rohstoffen (vor allem Holz war auf dem Mars begehrt) oder tiefgefrorenen Nahrungsmitteln keinen entsprechenden Gegenwert bildete.
Während die alte Erde sich selbst überlassen blieb, beanspruchte der Mars die Führungsrolle unter den besiedelten Welten und gründete die „Solare Föderation“, mit Sitz in Mars-Central, der Hauptstadt des Mars. Obwohl Präsident und Parlament demokratisch gewählt wurden, waren die Kolonien von vornherein benachteiligt, da sich deren Vertreter aufgrund der enormen Entfernungen zur Heimat, nicht kurzfristig mit diesen austauschen konnten. So gerieten die Gesetze und Bestimmungen der Föderation immer deutlicher zum Nachteil der außersolaren Menschheit.
Nullzeit-Funk: Die Wiederentdeckung des „Krach“-Funks
In einem der solaren Asteroiden wurde ein unbekannter Kristall entdeckt. Durch Zufall stieß der japanischstämmige Professor Hiromata mit seinem Team auf eine außergewöhnliche Eigenschaft des Fundes: er war in der Lage Energie aufzunehmen, zu speichern und in einem Überladungsimpuls abzugeben. Es gelang Hiromata, ein Funkgerät zu konstruieren, bei dem der Sender durch eine winzige Menge des Kristalls verstärkt wurde. Die Impulse des Senders waren in der Lage, enorme Distanzen ohne Zeitverlust zu überbrücken. Zwar gelang es Hiromata und seinem Team nicht, eine Bild- und Tonübertragung zu erzielen, aber es war jetzt möglich, kurze und lange Impulse ohne Zeitverlust zu senden und zu empfangen. Hierzu verwendete man das uralte Morse-Alphabet und nannte den Nullzeitfunk, in Anlehnung an die ersten Morse-Funkgeräte, „Krach-Funk“. Der Funkstrahl des Hiromata-Krachfunks war extrem eng fokussiert und man musste das Ziel sehr exakt anstrahlen. Die Verständigung mit einem fliegenden Raumschiff war somit nur möglich, wenn dessen Position bekannt war, aber man konnte nun jederzeit zwischen den bekannten Welten kommunizieren. Im Lauf der Jahre verbesserte Hiromata das neue Funksystem durch Codezeichen und eine Schablone. Letztere wies in Höhe und Breite eine festgelegte Zahl von Rasterpunkten auf. Durch das Senden von „Plus“ und „Minus“ konnte man endlich auch Bilder übermitteln, auch wenn diese „pixelig“ wirkten und nur schwarz-weiß waren.
Die „Freien Welten“
Als das Parlament auf Initiative der Konzerne beschloss, erhebliche Steuern auf alle Güter der Kolonialwelten zu erheben, um deren Schulden allmählich auszugleichen, konnten und wollten die Kolonien diese nicht entrichten, da dies den eigenen Aufbau erheblich verlangsamt oder sogar unmöglich gemacht hätte. Drei der neuen Welten waren der Föderation bereits auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es zum Bruch zwischen der solaren und der außersolaren Menschheit kommen musste.
Als sich zwei der kleineren Siedlungswelten als zahlungsunfähig erklärten, reagierten Präsident und Parlament der solaren Föderation mit unerwarteter Härte. Statt die Steuern zu reduzieren oder einen Teil der Schulden zu entlassen, rüstete man zwei interstellare Schiffe zu bewaffneten Hilfskreuzern aus und schickte sie als „Steuereintreiber“ zu einer der säumigen Welten, um den Forderungen der Föderation Nachdruck zu verleihen. Dort verfügte man zwar über keine bewaffneten Schiffe oder die erforderlichen Produktionsstätten, jedoch über eine durchaus schlagkräftige planetare Militärtruppe. Die meisten Kolonien waren Heimat vieler ehemaliger Soldaten einstiger irdischer Streitkräfte oder Rebellengruppen, denn die Neusiedler hatten derartige Veteranen gezielt in ihre Reihen aufgenommen, um sich den Gefahren einer neuen Welt stellen zu können. Einer der irdischen Hilfskreuzer wurde von Aufständischen geentert, der andere zog sich in das solare System zurück.
Dank des Hiromata-Krachfunks verbreitete sich die Information zwischen den Welten. Die meisten Siedlungswelten waren empört und schickten ihre Forderung an die Föderation, die Schulden der neuen Welten zu reduzieren oder ganz zu erlassen. Als dies abgelehnt wurde, erklärten sich die ehemaligen Kolonien unabhängig und gründeten den Bund der „Freien Welten“. Die solare Föderation erkannte diese nicht an und ein bewaffneter Konflikt wurde unausweichlich.
Der erste koloniale Krieg
Der Konflikt zwischen der solaren Föderation und den freien Welten wird als kolonialer Krieg bezeichnet. Aufgrund einer Rede des Präsidenten der Föderation vor dem Parlament, in dem dieser davon sprach, es handele sich um den ersten kolonialen Krieg, wird die bewaffnete Auseinandersetzung als solcher bezeichnet, obwohl dies eigentlich erst korrekt wäre, wenn es bereits zu einer zweiten Auseinandersetzung gleicher Art käme.
Es gab keine formale Kriegserklärung, was auch daran lag, dass die solare Föderation die Unabhängigkeit der freien Welten nicht anerkannte. Beide Seiten hoben Truppen aus, bewaffneten nachträglich Schiffe und konstruierten reine Kriegsschiffe. Der Vorteil der solaren Föderation lag in der hohen industriellen Konzentration im solaren System, jener der einstigen Kolonien in den reichhaltigen Ressourcen der außersolaren Welten.
Es gibt zwei verschiedene Betrachtungsweisen über den Ausbruch des Krieges. Während die einen den Angriff auf die beiden solaren Hilfskreuzer und deren „Steuereintreiber“ als erste Kriegshandlung betrachten, sieht die Mehrheit den Ausbruch der bewaffneten Auseinandersetzung im Angriff eines Föderations-Geschwaders auf das System Krueger. Zwei neue Kreuzer und drei Hilfsschiffe griffen dabei Krueger an und wurden von den leichter bewaffneten, aber zahlenmäßig weit überlegenen, Siedlern in die Flucht geschlagen. Nur einer der Kreuzer und ein Hilfsschiff konnten schwer beschädigt den Heimflug antreten.
Der hoch spezialisierten Technik und den modernen achteckigen Schiffen der Föderation begegneten die freien Welten mit ihren typischen lang gestreckten Einheiten, die an ein Stück Vierkantholz erinnerten, da die Siedler das Prinzip der Container und der modularen Bauweise nutzten.
In diesem Krieg ging es fraglos um Standpunkte und Prinzipien, denn allen Beteiligten wurde sehr schnell bewusst, dass ein interstellarer Krieg kaum zu kontrollieren war.
Es gab keine festen Grenzen, die man sichern konnte. Ein Raumschiff war in der Lage, aus jeder beliebigen Richtung anzugreifen. Die relative Geschwindigkeit von zwei feindlichen Schiffen, die im Raum ein Gefecht führen wollten, erschwerte dies außerordentlich. Kommunikation der Schiffe eines geschlossenen Geschwaders war möglich, die zwischen Basis und Flotte hingegen extrem schwierig. Vor allem waren es jedoch Entfernung und Flugdauer, welche die strategische Planung nahezu unmöglich machten. Selbst mit maximalem Cherkov-Überlichtantrieb betrug die Reise zwischen den entferntesten Systemen der Konfliktparteien über zwölf Jahre. Schickte man ein Schiff mit einem bestimmten Befehl und taktischen Vorgaben aus, so hatten sich die Verhältnisse dort bei Ankunft wahrscheinlich schon drastisch verändert.
Aus den genannten Gründen war der erste koloniale Krieg der kürzeste und unblutigste der Menschheitsgeschichte. Obwohl er 83 Sol-Jahre dauerte forderte er insgesamt knapp 60.000 Menschenleben, verschlang jedoch enorme Ressourcen und industrielle Kapazitäten.
Der Konflikt wäre jedoch zu einer der blutigsten Auseinandersetzungen geworden, wenn einige der Beteiligten ihre Befehle stur befolgt hätten.
Die Planeten-Killer
Der solaren Föderation war schon nach wenigen Jahren bewusst, dass ein Sieg nur dann möglich sein würde, wenn man ein nachhaltiges Exempel statuierte. Zu Beginn des Krieges wurden die zwölf Rettungsarchen reaktiviert, modernisiert und zu Trägerschlachtschiffen umgebaut. Vier von ihnen wurden mit überdimensionalen Rail-Guns versehen, die in einer großen Kuppel auf der Oberschale der Träger installiert wurde. Statt der üblichen Tri-Stahl-Pfeile, von zehn Zentimetern Querschnitt und einem Meter Länge, beschleunigten die übergroßen Waffen ein Projektil von zehnfachen Abmessungen auf Lichtgeschwindigkeit. Das Geschoss einer Rail-Gun benötigte keinen Sprengkopf. Es traf mit solcher Geschwindigkeit auf, dass seine Masse schlagartig in Energie umgesetzt wurde. Ein geheimer Plan des Führungsstabes im Föderations-Hauptquartiers sah vor, eine der bedeutenden Kolonialwelten mit einer überschweren Rail anzugreifen. Der Träger sollte mit Lichtgeschwindigkeit gegen die Bahnrichtung des Planeten anfliegen und sein Projektil abfeuern. Unter günstigen Voraussetzungen würde dieses die Oberfläche mit relativer Überlichtgeschwindigkeit treffen und eine vernichtende Wirkung haben.
Das Trägerschlachtschiff S.F.S. (Solar Federation Ship) Gettysburg wurde mit der Ausführung beauftragt, nachdem ein großer Asteroid in einem Test erfolgreich vernichtet wurde. Die Gettysburg sollte von zwei weiteren Trägern und mehreren Kreuzern der Interstellar-Klasse begleitet werden. Der Hoch-Admiral der Flotte hatte als Einziger Kenntnis von den Befehlen. Die übrigen Offiziere und Mannschaften glaubten, man solle lediglich einen der Monde im Krueger-System vernichten und so den Kolonialen zeigen, dass weiterer Widerstand sinnlos sei.
Als die föderierte Flotte am Ziel eintraf und offensichtlich wurde, was das eigentliche Ziel sein sollte, kam es zu einer spontanen Meuterei einiger Offiziere, die sich rasant über die Gettysburg und andere Schiffe ausbreitete. Über sechstausend Menschen starben, mehr als doppelt so viele wurden verletzt, da der Kampf mit unerbittlicher Härtegeführt wurde. Unter den Opfern waren auch viele Besatzungsmitglieder, die neutral bleiben wollten. Schließlich erlangten die Meuterer die Oberhand. Lediglich zwei Kreuzern blieben unter dem Befehl von föderationstreuen Offizieren und begannen den Rückflug ins solare System. Die Meuterer nahmen hingegen Verbindung mit den Bewohnern von Krüger auf. Die Empörung der Meuterer und der Siedler war groß, da man sich einig war, dass die Vernichtung einer bewohnten Welt nichts anderes als ein Verbrechen war. Es kam zu einem Bündnis, mit dem Ziel, die Befehlshaber der solaren Föderation zur Verantwortung zu ziehen.
An dieser Stelle muss ergänzt werden, dass es auch auf einer der freien Welten einen Plan gab, den Mars mit einer geheimen Flotte zu erreichen und mit dem Einsatz von Robotern Verheerung über dessen Bewohner zu bringen. Der Plan scheiterte letztlich an einer Fehlfunktion des robotischen Steuergehirns des Kommandoschiffes (siehe Roman „Sky-Navy 01 – Die letzte Schlacht).
Der Fall der solaren Föderation
Die Schiffe der Meuterer und Einheiten der freien Welten flogen das Sol-System an. Mit Erreichen der Pluto-Bahn wurde eine Erklärung der Meuterer mittels Cherkov-Überlichtfunk ausgestrahlt, in welcher auch die Befehle zur Vernichtung Kruegers verlesen wurden. Dateien wurden ausgestrahlt, die von den Medien des Mars schneller aufgenommen und verbreitet wurden, als die Sicherheitstruppen und Polizei des Mars dies verhindern konnten. Die Sendungen wurden auch auf den Kreuzern und Trägerschlachtschiffen der solaren Föderation empfangen, die sich den Eindringlingen entgegen stellen sollten. Manche Kreuzerbesatzung hielt die Informationen für eine List, doch es kam auf die Reaktion der Kommandanten der Trägerschlachtschiffe an, die im Orbit des Mars oder Gefechtspositionen standen. Als diese keine Anstalten machten, sich dem Gegner zu stellen, signalisierten die meisten Föderationsschiffe ihre Bereitschaft, auf einen Kampf zu verzichten. Der Angriff mit 96 Meter langen Kreuzern gegen fünf Kilometer lange Trägerschlachtschiffe wäre aussichtslos gewesen. Einige Einheiten leisteten dennoch erbitterten Widerstand und wurden in kurzen Gefechten vernichtet.
Unter den wachsamen Augen und durchaus feuerbereiten Geschützen der Föderations-Schiffe traten die Schiffe der Meuterer und der freien Welten in den Mars-Orbit ein. Der Befehlshaber der Meuterer klagte die Führung der Föderation des geplanten Massenmordes an und verkündete, man werde Truppen absetzen, um die Verantwortlichen festzusetzen und vor ein Gericht der Föderation zu stellen.
Einheiten der Raumkavallerie besetzten nach kurzen Kämpfen das Regierungsviertel von Mars-Central. Bis auf sieben Personen, die den Freitod wählten oder im Kampf getötet wurden, konnten der Präsident und der Führungsstab der solaren Föderation verhaftet werden und wurden anschließend vor ein ziviles Gericht angeklagt und schließlich schuldig gesprochen.
Die Bewohner des Sol-Systems und der freien Welten kamen überein, dass die solare Föderation aufgelöst werden sollte und ein neues Regierungssystem installiert werden musste. Nach langen Diskussionen fand man schließlich, dass es eine gemeinsame Regierung für alle Welten geben sollte, die auf den Grundwerten der Freiheit und der Demokratie basierte. Eine gemeinsame Regierung und ein gemeinsames Parlament, welche Direktiven erlassen sollten, die für alle Menschen die gleichen Rechte und Pflichten beinhalteten. Auf Basis der Direktiven entstand das „Direktorat“.